Wann Pferde eindecken – die Frage aller Frage stellt sich jeder Reiter im Herbst. Der kleine Leitfaden zum Thema Pferdedecken soll euch helfen, die Entscheidung leichter zu machen. Außerdem erkläre ich euch, warum Pferdedecken teilweise mehr schaden als nutzen.
Die Temperaturen sinken auf zehn Grad, der Reiter fröstelt in den Lederreitstiefeln und der Übergangsjacke. Es ist definitiv Herbst! Bitte schließt nun aber nicht von euch auf euer Pferd – denn Pferde mögen diese kühleren Temperaturen ganz gerne! Außerdem bilden eure Pferde ein richtiges Polster – das Winterfell.
Pferde eindecken wenn es kalt wird?
Generell gilt, dass ihr eure Pferde nicht eindecken müsst, wenn sie geschützt und trocken stehen und genügend Winterfell gebildet haben. Die Wohlfühl-Temperatur eines Pferdes liegt zwischen fünf und zwölf Grad, je nach Rasse/ Herkunft. Während ihr schon friert, blüht euer Pferd schon auf.
Eindecken und Scheren im Wintertraining
Einige von euch wollen im Winter nicht pausieren und weiter trainieren. Nun ist Leistungstraining mit Winterfell nicht sehr fair dem Pferd gegenüber, daher ist es eine übliche Methode, sein Pferd mit einer leichten Übergangsdecke einzudecken, damit das Winterfell ausbleibt.
Pferde eindecken im Leistungstraining
Bitte fragt euch, in wie weit ihr Leistungssport im Reitsport betreibt, dass das notwendig ist. Reitet im Winter eher unregelmäßig und wenig leistungsorientiert, sehe ich darin persönlich keine Notwendigkeit. Im Gegenteil, ihr greift damit in die Natur des Pferdes ein. Das aufgestellte Haarkleid bildet ein natürliches Luftpolster und isoliert so die Kälte (falls ihr “Teddybären” auf der Weide seht, wisst ihr jetzt, wieso). Auch das körpereigene Fett schützt euer Pferd im Winter; genau wie andere Tiere (und wir Menschen) nehmen Pferde im Winter etwas zu. Dazu solltet ihr eurem Pferd genug Heu zur Verfügung stellen.
Pferde eindecken – aber richtig
Boxenpferde bilden so oder so nicht viel Winterfell wie Offenstallpferde.
Eine andere beliebte Methode im Wintertraining ist die Teil-Schur des Pferdes. Da gibt es diverse Möglichkeiten und Muster, ein Pferd sinnvoll zu scheren. Wichtige Regionen bleiben so mit Winterfell geschützt, andere trocknen ob der Schur schneller. Auch hier gilt: Die Pferdeschur ist im Winter nur sinnvoll, wenn ihr im Winter regelmäßig trainiert. Alles andere ist Spielerei und nicht notwendig (außer aus medizinischer Sicht).
Die Entscheidung fürs Pferde eindecken
Haben eure Pferde durch das Eindecken und die Schur nicht genügend Winterfell, ist weiteres Eindecken Pflicht: Wird es kälter, braucht ihr wärmere Decken. Draußen sowieso, vor allem, wenn es auch noch nass ist. Aber auch kalter Wind reizt empfindliche Körperregionen, die geschoren sind.
Bis fünf Grad reicht normalerweise eine Pferdedecke mit 200 Gramm Füllung; sinkt die Temperatur weiter, muss eine wärmere Decke her. Bei geschorenen Pferden reicht eine 400 Gramm Decke bis ca. minus zehn Grad.
Pferd-Outdoordecken – darauf müsst ihr achten
Achtet bei Outdoor-Pferdedecken unbedingt auf eine sehr gute Passform und eine hohe Wassersäule! Oft läuft Wasser im Schulterbereich hinein und euer Pferd wird dann schnell anfangen zu frieren. Oder aber die Decke hält dem Regen nicht stand, das Wasser tritt über die Nähte ein.
Schwitzende Pferde eindecken
Bilden eure Pferde vermehrt Winterfell, schwitzen sie bei der Arbeit auch mehr. Sei es vor Aufregung oder vor Anstrengung. Traditionell gehen daher die Pferde in die Winter-Erholungsphase; und nein: Eine komplette Pause ist nicht notwendig. Das Training wird nur etwas zurückgeschraubt. Wetterbedingt, durch Eis und Schnee und ohne Reithalle sind teilweise ganze Zwangspausen nötig.
Kommt ihr vom Winterausritt zurück und euer Pferd schwitzt, führt es doch die letzten zehn bis 15 Minuten zum Stall. Lockert dabei den Sattelgurt etwas (der Sattel darf nicht verrutschen). Schwitzt euer Pferd immer noch, reibt es mit Stroh ab und lasst es wälzen. Danach deckt ihr euer Pferd mit einer Abschwitzdecke ein. Im Offenstall haben wir immer noch etwas Stroh zwischen Pferdekörper und Decke gepackt. Wechselt diese Decke nach einiger Zeit oder entfernt die Pferdedecke ganz. Bürstet das Fell anschließend durch.
Mittlerweile gibt es im Handel teilgefütterte Regendecken mit Abschwitzfunktion, für den Offenstall beispielsweise eine prima Wahl.
Schaden Pferdedecken meinem Pferd?
Pferdedecken schaden generell nicht, sind aber oft nicht notwendig. Pferde, die nicht richtig eingedeckt werden – denen schadet eine Pferdedecke tatsächlich, zum Beispiel in diesen Fällen:
- nicht sitzende und scheuernde Pferdedecke
- Verletzungsgefahr durch nicht sitzende oder falsch verschnallte Pferdedecke
- Pferdedecke statt Aufwärmen beim Reiten
- Abschwitzdecke statt Trockenreiten
- Das Pferd hat die falsche Decke an (Abschwitzdecke draußen bei Regen)
- Das Pferd ist zu warm eingedeckt, Kreislauf kollabiert
- Das Pferd wird unregelmäßig in der Saison eingedeckt und bildet keine Thermoregulation
Wendet ihr Pferdedecken gewissenhaft an, passen die Gegebenheiten zum Einsatzfall, dann ist eine Pferdedecke ein echter Gewinn für euren Vierbeiner.
Anekdote aus dem Reiterleben: In einem dänischen Reitstall bekam ich in den 90ern zufällig mit, wie ein Islandpferd verstarb: Die Tiere lebten ganzjährig draußen ohne Unterstand (aber mit Büschen und Bäumen) und wurden im Winter nur sorgsam bewegt. Ein Pferd einer Einstellerin wurde von ihr nicht trockengeführt und wurde schweißnass mit Abschwitzdecke im Winter auf die Weide gestellt. Es überlebte die Nacht im eisigen Wind nicht.
Rund ums Eindecken – das Pferdedecken-ABC
Es gibt mittlerweile viele verschiedene Pferdedecken; Decken für alle Gelegenheiten. Ich habe euch mal einige aufgelistet:
- Abschwitzdecke
- Ausreitdecke
- Fliegendecke
- Führmaschinendecke
- Highneck-Decke
- Nierendecke
- Outdoordecke
- Regendecke
- Sicherheitsdecke mit Reflektoren
- Stalldecke
- Thermodecke
- Transportdecke
- Übergangsdecke
- Unterdecke
Ihr seht, Decken gibt es viele. Aus Baumwolle, Nylon, Polyestermischungen, Jute und und und. In verschiedenen Reißfestigkeiten, wasserdicht, atmungsaktiv usw.
Bei Abschwitzdecken solltet ihr darauf achten, dass sie atmungsaktiv sind. Eure Outdoordecke darf eine Wassersäule von 1000 mm und mehr haben. Besser sind 5.000 – 10.000. Scheuert die Decke, versucht es einmal mit einer Unterdecke oder einer anderen Passform.
So habe ich mein Pferd eingedeckt
Meine Traberstute lebte über zehn Jahre im Offenstall. Auch sie habe ich entsprechend (je nach Witterung) eingedeckt, wenn folgende Situationen gegeben waren:
- Sie hat nach dem Reiten geschwitzt
- Sie war krank
- Altersbedingt
- Sie war nass und hat gefroren (sichtbar)
- extreme Kälteperioden mit minus 20 Grad
Die letzten beiden Lebensjahre verbrachte sie in einem Boxenstall mit Paddockauslauf (tagsüber). Leider waren die Paddocks nicht geschützt oder überdacht. Hier haben wir lange nach einer Lösung gesucht und mit der Pferdedecke von BUCAS (Link weiter unten) auch gefunden. Bauliche Maßnahmen waren nicht realisierbar. Bei sehr schlechtem Wetter kamen die Pferde eben in den Stall. Nicht optimal, zugegeben, aber in der Situation effektiv. Und ehrlich, Starkregen hat die Stute gehasst.
Wann friert mein Pferd?
Kurzes Zittern signalisiert, dass sich dein Pferd mit Muskelzittern warm hält. ABER:
Hält das Zittern an oder tritt es gehäuft auf, klärt mit eurem Tierarzt, was eurem Pferd fehlt. Meine Stute hat bei nassen, windigen und kalten Wetter sehr gerne die Option Pferdedecke gewählt. Sie zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Gerade ältere oder hoch im Blut stehende Pferde – auch Traber – neigen zum Frieren und meiden Zugluft und Nässe.
Sind die Ohren warm? Dann sollte alles okay sein. Kalte Ohren sind häufig ein Signal dafür, dass deinem Pferd kalt ist. Achtet vor allem auf den Ohrenansatz!
Das müsst ihr beim Eindecken im Winter beachten
Sind die Pferdehaare vom Schweiß verklebt, bürstet sie unbedingt wieder aus, sonst kann euer Pferd die Haare nicht aufstellen – die Thermoregulation funktioniert nicht!
Achtet darauf, dass eure Pferde genug Heu zur Verfügung haben und erhöht wenn nötig die Futterration. Bei starker Kälte verbrauchen Pferde mehr Energie.
Mein Tipp in Sachen Pferdedecke
Letztlich ist das Eindecken von Pferden eine sehr individuelle Sache. Einige Pferde sind empfindlicher als andere – das ist einfach so, auch wenn einige Stallkollegen das belächeln mögen. Entscheidet selber, aber eurem Pferd zuliebe, und wägt ab, was das Beste ist. Achtet vor allem auf die korrekte Nutzung und deckt euer Pferd fortlaufend ein, wenn eure Entscheidung pro Eindecken gefallen ist.
Die beste Pferdedecke für kälte- und nässeemempfindliche Offenstallpferde
Verratet ihr mir, ob ihr euer Pferd eindeckt? Habt ihr vielleicht Deckentipps für andere Leser? Mein Favorit ist die Bucas-Outdoordecke*. Die konnte ich meiner Stute von -10 Grad bis +16 Grad aufziehen, ist atmungsaktiv und winddicht (und hat die besagte Abschwiztfunktion). Die Decke war im Paddockstall meine Rettung.
Oh, einen Tipp habe ich noch für euch: Zum Abschwitzen nutzten wir früher Bundeswehrdecken*. Wir haben erst die Pferde trocken geführt, dann mit Stroh abgerieben und zum Schluss, wenn nötig, noch die Decke aufs Pferd gelegt. Manchmal – und das habe ich beibehalten – kam noch trockenes Stroh unter die Decke, zur besseren Zirkulation.
Cheers, Victoria
Edit: Ich habe den Beitrag editiert, nachdem ich mich in einigen Absätzen unklar ausgedrückt habe: Natürlich ist das Eindecken nicht nur den Leistungssportlern vorbehalten, auch Reiter, die im Winter regelmäßig weiter trainieren wollen, profitieren unter Umständen davon, unabhängig von der Leistungsklasse.
Allerdings möchte ich betonen, dass dauerndes Eindecken nicht artgerecht ist und viele Nachteile hat. Wichtig ist letztlich, dass das Pferd ohne Zugluft (aber mit Frischluft) steht, einen Unterstand oder Schutz bei schlechtem Wetter oder sengender Sonne hat. Bei vielen Offenstallpferden und auch Islandpferden gibt es kein Eindecken – trotzdem werden diese Pferde den Winter über geritten. Werden Pferde artgerecht gehalten, ist das Eindecken nur für einen von Nutzen: Den Deckenverkäufer. Ich lass das mal so stehen.
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Hallo Victoria,
endlich ein sachlicher Beitrag zu dem Deckenthema.
Ich habe Informationen zum Eindecken im Offenstall gesucht und stelle fest, dass Decken in der Robusthaltung offenbar verpönt sind.
Aus meiner Erfahrung hat das aber häufig damit zu tun, dass Pferdehalter zu bequem sind ihr Pferd einzudecken. Es ist ja viel einfacher immer auf artgerechte Haltung, Thermoregulation etc. zu verweisen als ständig das Wetter zu beobachten und mit verschiedenen Decken im Auto spazieren zu fahren.
Außerdem ist Offenstall nicht gleich Offenstall. Meistens handelt es sich nämlich nur um Koppelhaltung mit Unterstand, so dass die Pferde keinen trockenen Liegeplatz geschweige denn Fressplatz haben. Bei schlechtem Wetter werden die Pferde dann gar nicht mehr trocken.
Meine Pferde haben ein dickes Winterfell und sind das ganze Jahr draussen aber ich werde immer dann unruhig, wenn zur Kälte noch Regen oder gar Eisregen hinzu kommt.
Dann bekommt auch meine dicke Kaltblutstute eine 50 g Winterdecke.
Merkwürdigerweise wird das gerade von den Leuten belächelt, die ihr Pferd nur am Wochenende anschauen.
Wenn Pferde die Wahl hätten ob sie sich in den eingestreuten trockenen Stall zurückziehen oder lieber in der Eispfütze stehen wollen, dann müssten wir uns keine Gedanken machen.
In der Realität haben Pferde leider keine Wahl.
Liebe Noela,
vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag. In der Tat halte ich nichts davon, Dinge zu übervorteilen. Es gibt empfindliche Pferde, die bei manchem Wetter einfach eine Decke benötigen. Andere wiederum nicht. Und wenn die passende Unterstellmöglichkeit nicht gegeben ist, ist jede Diskussion auch überflüssig 😉 Wichtig ist nur, dass die Tiere nicht “vermenschlicht” werden. Aber es gibt eben auch Offenstallpferde, die aus verschiedenen Gründen eine Decke benötigen. In unserem Offenstall (immerhin 30 Pferde in 2 Gruppen) wurden rund 2/3 der Pferde bei ganz fiesem Wetter eingedeckt. Dauerhaft auch nur, wenn sie alt oder krank waren. Da gucken heute noch einige Reiter erstaunt, wenn ein Pferd in Robusthaltung eine Decke trägt.
Hallo Noela,
ich habe früher Decken gehasst (hatte 16 Jahre eine Robuste Westfalen Stute) nun habe ich mir ein Tschechisches WB gekauft und die Dame hat Muskelprobleme hinten. Wärme tut ihr gut also habe ich leihweise eine Regendecke mit Fleece bekommen. Nun wenn es kälter ist habe ich ihr eine 300gr Decke geholt. Sie steht draußen im Paddockstall und soll nächstes Jahr ein Offenstallpferd werden. Da sie aus einer Stallhaltung mit Weidegang kommt hatte sie nicht ganz so dickes Winterfell und ich hoffe dass ich es so richtig mache mit dem Eindecken für ihre Muskeln.
Ich finde deinen Beitrag total gut und sachlich.
Jeder soll es für sich selber entscheiden bzw fürs Pferd. Kranke und alte Pferde finde ich brauchen Decken der Rest kommt drauf an.
Hallo Noela,
vielen Dank für deinen Beitrag.
Auch wir mussten uns mit unseren Pferden (Araber und Traber-Warmblutmix) daran gewöhnen, nicht das menschliche Empfinden auf die Tiere zu übertragen.
Letztendlich hilft uns der Blick in den Wetterbericht.
Ist es nass und kalt, bekommen sie eine leichte Decke. Ist es trocken geht es auch so, da sie beide schönes Winterfell entwickeln.
Bei sehr kaltem Wetter (gegen 0) gibt es eine Decke, wenn wir sehen, dass es ihnen kalt ist. Ein Griff an die Ohren hilft hier oder auch an den hinteren inneren Schenkeln.
Damit kommen wir gut klar.
Reiten im Winter nur mäßig und nicht in den Schweißbereich.