Entspannter Umgang mit dem Pferd, das sagt sich so leicht. Klar möchte jeder Pferdebesitzer gerne nach einem anstrengenden Tag einen ruhigen Abend mit dem Pferd genießen – und das soll dann gefälligst auch funktionieren. Wir erwarten den entspannten Umgang mit dem eigenen Pferd, selbst wenn wir nicht fokussiert oder angespannt sind. Aber im Vorfeld können wir Dinge erarbeiten, damit sich der entspannte Umgang mit dem Vierbeiner leichter einstellt. Ich habe mehrere Pferdeexperten zu diesem Thema befragt:
Den Anfang macht Ellen Vierhaus. Ellen kennt ihr bereits aus der Traberblog-Anfangszeit, hier geht es noch einmal zum Interview. Ellen Vierhaus ist spezialisiert auf gangveranlagte Traber und bringt langjährige Erfahrung im Bereich der Pferdeausbildung mit. Vielen Dank an dieser Stelle für die Zeit, um diese Zeilen zu verfassen!
Und nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!
Der entspannte Umgang mit dem Pferd – Tipps von Ellen Vierhaus
„Umgang“ ist in jedem Fall auch immer ein Stück Ausbildung, da mein Pferd bei jedem Zusammensein mit mir etwas lernt.
Grundsätzlich sollte eine Person, die mit Pferden umgeht und sie ausbildet, eine sich selbst sichere, entspannte souveräne Persönlichkeit besitzen. Klare Ausbildungsziele, eine Vorstellung des Weges dahin und des möglichen Ergebnisses sind ebenfalls Voraussetzung. Angst vor dem Pferd wäre ungünstig.
Stress durch Überforderung vermeiden
Der Ausbilder sollte die körperlichen und mentalen Möglichkeiten des Pferdes gut einschätzen und Überforderung oder Stress erkennen können, um sie zu vermeiden.
Dazu ist eine sichere, ruhige Umgebung für ein junges, noch unsicheres Pferd nötig. Mit Fortschritt der Ausbildung wird später durch Wechsel der Umgebung (Roundpen, Reitplatz, Halle, größerer Platz, andere Pferde, Ausreiten) eine schrittweise Steigerung der Anforderungen erreicht.
Jede! Arbeitseinheit beginnt mit einer einfachen, minimalen Aufgabe, wie z. B. Schritt um den Ausbilder herum, bis das Pferd schnaubt, den Kopf senkt und sich offensichtlich wohlfühlt.
Durch eindeutige, klare Hilfen (Stimme, Körpersprache, Positionierung von Hilfsmitteln) werden die Anforderungen behutsam gesteigert, erwünschtes Verhalten sowohl durch Aussetzen der Hilfen, wie auch durch die Stimme sofort! belohnt und bestätigt (natürlich kann man auch clickern, Leckerlies geben etc.).
Häufige Wiederholungen festigen Ausbildungsziele
Bei unkonzentrierten, aufgeregten Pferden fordert man einen ruhigen Gehorsam im nahen Einflussbereich des Ausbilders, den der Ausbilder sicher durchsetzen kann, durch die Arbeit konzentriert sich das Pferd mehr und wird ruhiger! Es lernt, Sicherheit beim Menschen zu finden, der ein klares Verhalten vorgibt und dem man vertrauen kann, eben weil er ein starker Partner ist.
Durch häufige Wiederholungen werden Ausbildungsziele gefestigt. Entspannung wird z. B. auch dadurch erreicht, dass man immer wieder im Schritt am langen Zügel „spazieren“ reitet. Wenn es nicht möglich sein sollte, innerhalb der Ausbildung jederzeit zu einem Schritt am langen Zügel zurück zukommen, hat man das Pferd überfordert und muss einige Schritte in der Ausbildung zurück gehen, erst einmal wieder für Vertrauen und Entspannung sorgen. Ein Pferd, welches unter dem Reiter weg läuft (auch im Schritt) fühlt sich natürlich nicht wohl.
Arbeitseinheiten sollten in der Regel 20- 30 Minuten nicht überschreiten, da die Konzentrationsfähigkeit eines Pferdes nicht viel länger anhält und auch natürlich die Muskulatur an eine Anforderung erst langsam gewöhnt werden muss (Ausnahme z.B. im Schritt Spazieren reiten). Ein muskulär überfordertes Pferd wird Muskelkater bekommen und sich vor der nächsten Arbeitseinheit fürchten. Das Gleiche gilt natürlich für ein mental überfordertes Pferd.
Beispiel: Wenn ich zur Arbeit komme und kann meinen Chef nie zufriedenstellen – er aber stellt immer neue, kaum lösbare Anforderungen an mich – werde ich mit Magenschmerzen zur Arbeit gehen. Wenn er aber zuerst einmal freundlich guten Morgen sagt, einen Kaffee mit mir trinkt und anschließend in Ruhe, lösbare, klare (und vielleicht auch noch sehr interessante) Aufgaben verteilt, wird das mein Arbeitsleben viel schöner gestalten… Das gilt so auch für mein Pferd. Es soll keine Magenschmerzen bekommen, wenn ich um die Ecke biege , sondern gern und freudig mit mir arbeiten und zusammen sein.
Am Ende einer Ausbildungseinheit darf das Pferd niemals aufgeregter sein als am Anfang, es sollte immer entspannter bzw. genau so entspannt wie am Anfang sein, sonst wurde es in dieser Zeit überfordert.
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Autor: Ellen Vierhaus
Bilder: Ellen Vierhaus, Archiv