Pferde einschläfern – der letzte Gang: Der dritte Teil der Oldie-Reihe macht beim Schreiben schwermütig. Trotzdem gehört das Thema angesprochen, ich möchte einen Teil zur Aufklärung beitragen. Denn vor dem Tabu-Thema haben viele Traberbesitzer Angst. Hatte ich auch, soviel vorweg.
Es kommt die Zeit, in der auch der älteste Oldie so krank oder altersschwach ist, dass das Einschläfern zur Sprache kommt.
Manchmal ganz plötzlich, manchmal nach langer Krankheit. Richtig vorbereitet ist man wohl nie, auch wenn sich jeder mit Pferde-Oldie darauf einstellt.
Was passiert, wenn´s passiert: Offene Fragen zum Einschläfern
Der Traber muss eingeschläfert werden. Egal, wie die Entscheidung zu Stande kommt, es trifft den Traberbesitzer hart. Der herbeigerufene Tierarzt klärt nun die dringendsten Fragen; denn kein Pferdefreund macht sich den Abschied leicht. Fragen, die gestellt werden müssen:
“Sind Sie sicher? Er frisst noch so gut.”
Fressen ist Überlebensinstinkt. Auch schwerstverletzte Katzen schnurren noch, das ist ein Reflex. Ein Pferd in freier Wildbahn, dass nicht mehr frisst, ist dem Tod geweiht. Daher fressen Pferde weiter, auch wenn es ihnen sehr schlecht geht. Fressen ist kein Garant dafür, dass es dem Tier auch wirklich gut geht.
“Kann man da gar nichts mehr machen? Wurden wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft?”
Ein Tierarzt rät nie leichtfertig zu diesem Schritt. Wer sich unsicher ist, holt sich eine zweite fachliche Meinung eines anderen Tierarztes ein. Aber im Grunde will man ja nur eines hören: Dass der letzte Schritt medizinisch abgesegnet wurde.
“Aber gestern war er noch so fit!”
Es gilt den Komplettzustand zu betrachten und nicht die Einzelbetrachtung eines guten Tages. Und war das Pferd wirklich fit oder ließen es die Schmerzen forsch voranschreiten? Der Tierarzt wird das Pferd genau untersuchen und sich auch etwaige Zweifel anhören und berät.
“Was passiert denn jetzt genau? Ich muss doch auch die Reitbeteiligung informieren!”
Wenn es nicht absolut akut ist, wartet der Tierarzt auch mal ein Viertelstündchen, bis die Reitbeteiligung eintrifft, um sich zu verabschieden. Und erklärt in der Zwischenzeit, wie die Euthanasie ablaufen wird.
Beispiel:
In der Box erhält das Pferd bei Bedarf Schmerzmittel und bekommt einen Zugang mitsamt leichter Sedation in die Halsvene gelegt. Der Halter und etwaige Freunde oder Verwandte begleiten das sedierte Pferd zu einem ruhigen Platz. Der Tierarzt nimmt sich Zeit und erklärt ruhig was er gerade macht und was passieren kann. Das leicht sedierte Pferd erhält nun über den Zugang Schmerzmittel. Es wird nun nicht mehr sehr sicher stehen, dafür sehr entspannt und ohne Schmerzen. Allein dieser Anblick – die unglaubliche Entspannung – macht einem die Entscheidung so viel leichter. Der Tierarzt wird nun fragen, ob sich der Besitzer wegdrehen möchte, wenn das Pferd die Injektion zur Vollnarkose erhält. Denn das Pferd könnte sich gegen das Ablegen wehren und irgendwann einfach fallen. Der Anblick ist nicht schön, doch bis hierhin ist dies auch der Ablauf für eine Vollnarkose wie im Operationssaal. Der Tierarzt unterstützt das Pferd beim Hinlegen und vermittelt auch die nötige Sicherheit. Nun liegt das Pferd entspannt im Gras und schläft; der letzte Abschied steht an. Dann wird die letzte Spritze injiziert. Einige Pferde atmen noch einmal sehr schwer, das ist ein normaler körperlicher Vorgang. Der Tod tritt ein. Das Herz kann noch weiter schlagen, ebenso können Muskeln zucken. Auch das gehört dazu und der Tierarzt wird euch beruhigen. Nun liegt das Tier mit entspannten Ausdruck auf der Wiese. Zeit, loszulassen.
Wichtig: Einige Pferdepartner nehmen noch Abschied. Bitte nicht zu nah mit dem jeweiligen Pferd herangehen, gerade wenn offene Verletzungen beim toten Pferd vorhanden sind.
Merke: Die Geschichten von sich aufbäumenden und gegen die Spritze kämpfenden Pferde gibt es: Wenn der Tierarzt seine Arbeit nicht ordentlich macht und auf bestimmte Medikamente verzichtet oder der Pferdebesitzer so Geld sparen will (keine Narkose etc.). Das ist absolut nicht in Ordnung und nicht vertretbar. Fragt euren Tierarzt vorher, wie das Einschläfern vonstatten geht und welche Medikamente er einsetzen wird. Renommierte Kliniken und Tierärzte werden allerdings durch solche Schauergeschichten nicht ihren guten Ruf aufs Spiel setzen.
Welche Kosten kommen bei der Einschläferung auf mich zu?
Kostenbeispiel (ländlich, Tierklinik, Bayern)
Untersuchung mit Wegegeld/ Eilbesuch, zzgl. Medikamente (auch Sedation, Injektionsnarkose, Euthanasie): 312 €
Die Abholung des Pferdes wird durch die Tierseuchenkasse gedeckt.
Wer sein Pferd einäschern und als Diamant tragen möchte oder es mit offiziellem Begräbnis ehren möchte, muss tief in die Tasche greifen:
Preisbeispiel am Pferd von 500-600 kg, Feiertags
Überführung zum Tierkrematorium für Pferde zur Einäscherung zzgl. Anfahrt von den Niederlanden* nach km & Einäscherungsurkunde: 950 €
Beisetzung auf einer “Streuwiese”: 40 € (Urne auf Anfrage)
Feiertagszuschlag: 200 €
*Mehrwertsteuersatz 21%
Alternativ bietet ein Unternehmen aus Oberhausen die Abholung und Einäscherung mit anschließender Streuung über der Nordsee für rund 1700 € zzgl. Anfahrt an. Die Abholung erfolgt allerdings auch in Kooperation des Niederländischen Tierkrematoriums.
Ein Teil der Asche kann zur bleibenden Erinnerung – als Diamant – gepresst werden. Preise auf Anfrage bei den Instituten.
Im Normalfall organisiert der Stallbesitzer die Abholung. Ich hatte das Glück, dass sich Tierärztin und Stallbetreiber direkt abgesprochen hatten. Die Tierkörperbeseitung wird informiert und der Zeitpunkt abgesprochen.
Denn auch das gilt es vorab zu klären: Wo ist der beste Platz zum Einschläfern? Wo kann der LKW zur Abholung hinfahren und wo sind Pferdebesitzer, Pferd und Tierarzt ungestört?
Im Außengelände ist es oftmals Brauch, dass das Pferd mit einer großen Plane bis zur Abholung abgedeckt wird. Die Abholung erfolgt binnen kurzer Zeit, denn Tierkadaver ziehen auch Ungeziefer an.
Gut zu wissen
Wichtig für euch als Pferdehalter ist Folgendes zu Wissen – auch wenn die Tierärzte darüber aufklären werden:
Wer denkt, die hauseigene Koppel eignet sich wunderbar als letzter Ort auf Erden – nein tut sie nicht. Da auf der Koppel auch künftig Pferde weiden und das Gift sehr wirksam ist, darf und soll nicht auf der Koppel eingeschläfert werden. Natürlich kommt es auch hier auf die Umstände an: Liegt ein Pferd schwer verletzt auf der Koppel, wägt der Tierarzt ab und berät mit euch, was zu tun ist.
Eventuell müssen auch die Eisen runter, sonst nimmt die Tierkörperbeseitigung das Pferd nicht mit. Hierzu am Besten auch mit dem Stallbetreiber reden, ob er behilflich sein kann. Das Pferd hatte eine Verletzung und wird deshalb eingeschläfert? Sollte sich blutiges Verbandsmaterial am Pferd befinden, ist nach dem Einschläfern äußerste Vorsicht angesagt. Das toxische Mittel befindet sich im Blutkreislauf und damit wohl auch auf dem Verbandsmaterial und der Bandage. Nur mit Handschuhen abnehmen und sofort eintüten. Tierärzte sind auch bei der Entsorgung oder der Beratung behilflich.
Wichtig: Ist euer Tier bei der Tierseuchenkasse gemeldet? Dann wird die Entsorgung des toten Pferdes übernommen.
Danach
Mehrere Dinge fallen nach dem Tod des Pferdes an: Der Verband wird informiert, normalerweise wird der Equidenpass dorthin gesendet, auf Wunsch entwertet und an den ehemaligen Halter zurückgeschickt.
Die Pferdeversicherung wird auch schriftlich informiert. Mit dem Tod des Pferdes lösen sich die Verträge auf. Eventuell werden Beiträge gutgeschrieben.
Der Dauerauftrag – wenn vorhanden – für die Stallmiete wird gekündigt. Beim Lastschriftverfahren auf Abbuchungen achten.
Und schließlich wird der Schrank im Stall ausgeräumt. Sachen sortieren oder verkaufen – das kann noch warten.
Zum Schluss möchte ich euch noch ein schönes Zitat für diesen Anlass mitgeben:
Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
(Dietrich Bonhoeffer)
Pingback: Blogurlaub & Jahresrückblick 2017 – traberblog.de