Traberfreunde aufgepasst! Der liebe Chris Winter (Amateurtrainer-Lizenz) hat sein Wissen geteilt – hier ist der kleine Guide für alle Traberbesitzer und -freunde: Was passiert auf der Trabrennbahn, wofür dienen verschiedene Ausrüstungsgegenstände. Chris gibt einen kleinen Überblick und stellt sich gern auch persönlich an einem Renntag den Fragen der Traberfreunde.*
Zu Beginn möchte ich auflisten, welche Ausrüstungsgegenstände ein Traber vor dem Sulky tragen kann:
1 Gummischuhe/ Boots
2 Kniegamaschen
3 Ohrenkappe / Zugwatte
4 Check
5 Gebiss / Zungenband
6 Startnummer (welches Rennen und welcher Startplatz)
7 Fahrleine
8 Helm und Schutzbrille
9 Sulky
10 Räder mit Radscheiben (Schutz der Pferdebeine)
11 Scherbaum – Befestigung vom Sulky mit dem Geschirr am Pferd
12 Bandagen / Hintergamaschen
Das sind natürlich weitaus nicht alle Ausrüstungsgegenstände: Es läuft ein bisschen ab wie ein Setup in der Formel 1!
Kleine Änderungen können dem Pferd entweder Flügel verleihen oder aber auch das krasse Gegenteil bewirken.
Ich möchte vorab außerdem kurz auf die tierschutzrechtlichen Aspekte eingehen .
Wie jede Sportart mit Pferden stehen auch Trabrennen unter der besonderen Beobachtung des Tierschutzes und entsprechenden Organisationen.
Die angewandten Ausrüstungsgegenstände wurden in Zusammenarbeit mit dem Tierschutz geprüft und genehmigt. Der HVT (Hauptverband für Traberzucht- und Rennen, Anm. der Red.) hat hierzu eine Liste herausgegeben (alle anderen Hilfsmittel sind nicht erlaubt).
Wer es ganz genau wissen will, kann auf HVT Online gehen und sich die rund 99 Seiten umfassende TRO (Trabrennordnung) downloaden. Ab (ca.) Seite 80 geht es los mit der Ausrüstung.
Bevor ich Ausrüstungsgegenständen ausführlich bespreche, möchte ich DEUTLICH sagen, dass es hier in keinster Weise ums Schönreden geht. Wie wir wissen, gibt es überall schwarze Schafe . Aber lasst uns vom Normalfall ausgehen.
Der Check (Aufsatzzügel)
Aufgrund der hohen Geschwindigkeit kann es im Renntrab zu Balance-Problemen kommen. Deshalb wird dem Rennpferd das Hilfsmittel “Overcheck”, kurz Check, gegeben .
Dieser Lederriemen geht vom Geschirr auf dem Rücken des Pferdes zwischen den Ohren hindurch und endet in einem Kinnriemen, einem leichten Gebiss oder einem Bügel mit Stoffpolsterung.
In diesen Check können sich die Pferde ,,hineinlegen”. So halten die Pferde die Balance auch bei hohen Geschwindigkeiten im Trab. Dass der Check das Pferd am Galoppieren hindert oder das das Pferd nur durch diesen im Trab gehalten wird, widerlegen an jedem Renntag die Pferde, die trotzdem anspringen. Es gibt auch Traber, die ganz ohne Check auskommen .
Ohrenkappe/ Zugwatte
Im Zusammenhang mit der sogenannten Zugwatte ist oft von der ,,akustischen Peitsche” die Rede. Tatsächlich ist das Verschließen der Ohren vor dem Rennen vor allem eine Frage der Sicherheit.
Die Pferde stehen hoch im Blut und reagieren stark auf Umwelteinflüsse .
Auf der Rennbahn bleiben die Pferde ruhiger, wenn sie nicht durch Geräusche durch Zuschauer, Musik, Lautsprecher-Durchsagen usw. gestört werden .
Im Rennen verliert der Fahrer dadurch allerdings ein wichtiges Hilfsmittel: Seine Stimme!
Und jeder Traberfreund weiß, wie gut ein Traber auf Stimme reagiert.
Deshalb kann der Fahrer über eine Schnur die Zugwatte/ Ohrenkappe ziehen. So hat der Fahrer im Zieleinlauf quasi noch einen Joker, das Pferd beschleunigt durch den Geräuschpegel bzw. die Stimme des Fahrers.
Das Ziehen muss spätestens 500 Meter vor dem Ziel erfolgen, zieht der Fahrer sie später wird das von der Rennleitung bestraft.
Das Zungenband
Ich gebe zu; für Außenstehende klingt das brutal und gewöhnungsbedürftig, dass man einigen Pferden die Zunge festbindet.
Dennoch ist der ,,positive” Effekt größer als der “negative”.
Viele Pferde spielen mit der Zunge und legen diese dann über das Gebiss in ihrem Maul.
Dadurch würde das Gebiss ungeschützt auf dem Unterkiefer aufliegen; und wenn in diesem Moment der Fahrer mit der Leine Druck auf das Maul ausübt ist das nicht nur sehr schmerzhaft für das Pferd: Es kann nun die Zunge nicht mehr unter das Gebiss legen und ist damit nicht mehr zu regulieren!
Ein nicht regulierbares Pferd wird bei rund 50 km/h mit Sulky und Fahrer zu einer unberechenbaren Waffe, so etwas führt zu schweren Unfällen oder zu Unfällen mit tödlichen Folgen.
Die Zunge wird mit einem elastischen Band aber ,, nur”” so fixiert, dass die Zunge nicht mehr übers Gebiss gelangen kann aber dennoch im Maul leicht beweglich bleibt!
Noch dazu verhindert das Festbinden, dass das Pferd die Zunge verschluckt – was aufgrund der hohen Atemfrequenz schnell tödlich für das Pferd enden könnte!
In Anbetracht dieser Argumente finde ich das nicht nur vernünftig sondern auch zumutbar. Es geht hier um einen Zeitraum von wenigen Minuten alle 2 Wochen.
Im Trainingsbetrieb benutzt man eher selten Zungenbänder.
Den Vorwurf der Tierquälerei bei Trabrennen kann man mit einem simplen Argument entgegentreten:
Im Rennen entscheiden oft Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage .
Ein Pferd, das nicht artgerecht gehalten oder nicht optimal betreut wird und kein Leben im Herdenverband bzw. sozialen Umfeld führt, wird niemals Höchstleistungen bringen können!
So liegt es im absoluten Interesse Aller, die Pferde bestmöglich zu pflegen und ihnen nicht den Spaß am Laufen oder die Motivation “alles zu geben” zu nehmen .
Aber natürlich bleibt es dabei: Es gibt auch schwarze Schafe, die Pferde nicht fair behandeln. Das gilt aber rundum für ALLE Pferdesportarten.
Ich möchte hier ausdrücklich für diejenigen werben, die den Sport verantwortungsbewusst betreiben!
Übrigens: Für die Fraktion aus dem Norden bin ich auch gerne bereit, an einem Renntag in Hamburg-Bahrenfeld mal hinter die Kulissen zu schauen.
Zum Abschluss noch eines: Warum Traber traben anstatt zu galoppieren
Oft wird behauptet, dass den Pferden das Galoppieren abgewöhnt oder gar bestraft wird. Oft wird auch behauptet, dass das eine unnatürliche Gangart sei in diesem Tempo…
Genauer betrachtet ist Trab die natürliche Gangart zwischen Schritt und Galopp.
Natürlich, die meisten Pferderassen fallen ab einer gewissen Geschwindigkeit in den Galopp. Traber jedoch können aufgrund jahrhundertelanger Zucht und Selektion auch bei hoher Geschwindigkeit eine flüssige Trabaktion halten.
Man sieht es auf jeder Koppel: Trabrennpferde galoppieren auch beim Toben auf der Weide. Im Vergleich zu anderen Rassen fallen sie dann aber schneller in einen ausgreifenden Trab zurück.
Und genau da zeigt sich wieder die selektive Zucht; in der nur die besten und schnellsten Traber verwendet werden.
Chris Winter
Bild zu sehen auf Mein Trabrennsport